Kunstzmittag #6

DAMARIS BERGER

Das heutige Kunst-Zmittag ist in zweierlei Hinsicht eine Premiere: einerseits ist es das erste Treffen im neuen Jahr, andererseits ist es das erste Treffen in physischer Form. Wir sitzen uns nun also - im ganzen Raum verteilt und mit ausreichend Abstand - gegenüber.

Sunita beginnt die Runde. Sie sagt sie habe kürzlich 2 Wochen Ferien gehabt. Während dieser Ferien habe sie sich zwar viel bewegt, aber sie habe überhaupt keine Lust verspürt produktiv zu sein. In Vorbereitung auf das heutige Treffen habe sie dann an einem einzigen Tag das ganze Video, welches sie auf ihrem Blog gepostet hat, zusammengeschnitten. Sie habe sicherlich mindestens 12 Stunden gearbeitet. Was dabei entstanden ist, sei jetzt ein erster Entwurf. Es brauche ihrer Ansicht nach ganz klar noch fine-tuning. 
Das Video mit dem Titel „Out of water“ ist für Sunita eine Art Rückblick auf die vergangene Zusammenarbeit ihrer Tanzpartnerin Nadine Lüthi. Im Hinblick auf die baldige Wiederaufnahme der Zusammenarbeit war es für Sunita ein guter Anlass und Moment die seit längerem vorhandenen Videosequenzen nun zu einem Video zusammenzuschneiden.
Die Tatsache, dass sie durch den Lockdown einerseits ganz viel Zeit und andererseits auch keinen „Performance-Druck“ gehabt hätten, sei für das Stück eigentlich ganz toll gewesen. 
Sunita freut sich sehr auf die erneute Zusammenarbeit mit Nadine.

Sarah hat „Gringe“ gezeichnet. Sie möchte sich vermehrt mit Anatomie auseinandersetzen, da Anatomiewissen für das Zeichnen von Tieren und Menschen sehr hilfreich sein kann. Die Frage nach der Motivation für ihre Kunstwerke kommt auf. Sarah sagt: „Der innere Impuls ist für mich wichtig. Natürlich will ich mir Technik aneignen. Aber eigentlich sind ‚Impuls‘ & Idee für mich ausschlaggebender. Techniken könnte ich mir ja jederzeit noch aneignen.“ Weiter erzählt Sarah, sie hadere oftmals mit der Frage: „Soll ich das jetzt ‚nur‘ auf Slack posten oder soll ich einen Blog-Eintrag daraus machen?“ Die innerlichen „Kriterien“, die sie für einen Blog-Eintrag habe, seien halt relativ hoch. Hingegen brauche ein Teilen in der Kunstzmittag-Gruppe für sie weniger Überwindung. Wenn etwas sie auf der emotionalen Ebene bewege, dann könne das schon der Ausschlag gebende Grund für einen Eintrag auf dem Blog sein. Aber „einfach so“ sei für sie oft nicht Grund genug.

Isabel kam die Idee für ihr Projekt vor einiger Zeit und ganz plötzlich. Beim Anschauen des Toilettenpapiers hätten sie die sich wiederholenden Formen spontan an die Rahmen von alten Silhouetten-Bildern erinnert. Die Toilettenpapier-Idee greife für sie gleich zwei Aspekte auf. Einerseits sei Toilettenpapier in Zeiten von Corona ja ein kostbares Gut geworden. Andererseits „möchte ich weg kommen von Ernsthaftigkeit und von meinem Anspruch auf Perfektion.“ Zudem habe sie die Umwandlung des Mediums ‚Toilettenpapier‘ gereizt. „Ich hatte vor ca 1.5 Jahren eine Phase, während der ich viele Köpfe gemalt habe. Zuerst Aquarelle, dann auch mit Kohle. Nun sind es Silhouetten.“ Sie habe das Toilettenpapier aber kopieren müssen damit es überhaupt möglich war die Silhouetten mit Fineliner zu zeichnen. Zusätzlich habe sie den Kontrast hoch einstellen müssen, damit die Prägung des Toilettenpapiers auf der Kopie zu sehen war.
Die Frage, ob Einschränkungen bezüglich Medium für sie gut funktionieren taucht auf. Isabel sagt, sie wisse, dass Einschränkungen für sie hilfreich sein können, man müsse solche Strukturen aber rechtzeitig wieder über den Haufen werfen können.
Sie habe das Bild bereits auf Instagram gepostet und viele gute Reaktionen von Menschen erhalten, das habe sie sehr gefreut.
Für ihr aktuell laufendes Projekt habe sie gerade heute gute. Inputs bezüglich Farbe bekommen. Das Projekt sei zum Thema Klimaerwärmung und sie habe jetzt dank den heutigen Anregungen grad ganz viel Elan um weiter daran zu arbeiten.

Anicia beginnt ihre Ausführungen zu ihrem jüngsten Projekt ‚Tribute to sphere music’ mit den Worten: „Dieses Projekt ging mir sehr nahe. Das hätte ich nicht erwartet. Weil Blasmusik ist eigentlich echt überhaupt nicht mein Genre.“ Sie habe bei diesem Projekt sehr viel gelernt. Ihr Anliegen sei es ja grundsätzlich mit den Projekten gewisse Filterblasen, die sie habe, zu sprengen oder zumindest auszudehnen. Und das sei ihr bei dem Projekt auf sehr eindrückliche Weise gelungen. „Das Projekt hat bewirkt, dass ich weiter und breiter denke. ‚Lokal‘ ist mit COVID ja eh viel zentraler geworden. Und deswegen muss und will ich den Rahmen auch viel breiter fassen. Das bedeutet auch, dass ich mich mit Musikrichtungen beschäftige, mit denen ich mich vorher ganz kategorisch nicht beschäftigt habe.“ Das vorliegende Projekt habe sie wirklich sehr berührt. Sie hätte Urs aus dem Effinger ja schon eine Weile gekannt. Schon öfters hätten sie kurze Gespräche geführt und er sei ihr grundsätzlich sympathisch gewesen. Sie habe aber auch gewusst, dass sich ihre Ansichten in vielen Bereichen - allem voran politisch - sehr stark unterscheiden. Während des Projektes habe sie dann aber festgestellt, dass sie trotz der ganz offensichtlich gegensätzlichen Positionen auch viele gemeinsame Interessen haben. „Das hat mir erneut aufgezeigt, dass Positionen eigentlich nicht wichtig sind. Einander zuhören ist wichtig.“ Wenn eine gewisse Basis vorhanden sei, dann könne auch problemlos eine Debatte stattfinden.
Die Idee mit LEGO kam Anicia erst ganz kurz vor der Publikation. Es macht aber sehr viel Sinn und wirkt fast so, als wäre das von Anfang an so geplant gewesen. Auf die Frage, welchen zeitlichen Rahmen das Projekt gehabt hätte und wie viel Struktur bereits im Voraus vorhanden gewesen sei, antwortet Anicia: „Es hat ziemlich viel Zeit in Anspruch genommen. Einerseits musste ich mir Gedanken machen, wie ich vorgehen will. Weiter musste ich aber natürlich auch das Gespräch mit Urs führen, die Musik erstellen und alles. Musikalisch habe ich es schon von Anfang an komplett strukturiert. Das sind halt eben wieder die ‚Parameter des eigenen Handwerks‘.“

Die Parameter des eigenen Handwerks scheinen sich - unter anderem- heute als Thema ziemlich durchzuziehen. Einerseits sind diese Parameter und eine gewisse Routine ja sehr hilfreich, andererseits will man sich künstlerisch ja auch immer weiterentwickeln und nicht allzu sehr in eine Ecke drücken (lassen). Den gemeinsamen Austausch sowie auch die verschiedenen Perspektiven zu hören empfinden wir aber alle als sehr bereichernd. Und so freuen wir uns bereits auf das nächste Treffen.